Der iro-schottische Missionsbischof Kilian erhielt den päpstlichen Auftrag, mit seinen Gefährten Kolonat und Totnan das Land der Franken zu christianisieren. Um die 680er-Jahre kam er somit auch an den Obermain und predigte laut Legende am heutigen Kreuzberg bei Dörfleins (Rauberg > Rügberg > Ort des Rüggerichts). Diese Anhöhe war damals bereits ein bedeutender Ort, trägt doch der Bergrücken, der von Baunach bis in den Bamberger Kessel reicht, den Namen Semberg (> Centberg, Ort des Centgerichts). Nach dem Martyrium der Gefährten – der Hinrichtung auf Betreiben der Herzogin Gailana um 689 – stieg im östlichen Franken die Anzahl der Kirchengründungen an. Die Merowingerkönige gingen mit gutem Beispiel voran und stifteten an ihren Stützpunkten auf dem Königsweg so genannte Eigenkirchen. Ihnen folgten die hier ansässigen freien Stammesfürsten, nicht zuletzt um ihr Eigentum der Kirche zu schenken, bevor es die Regenten nach ihrem Tod anderen Lehnsleuten übertragen konnten. Mit der Verbreitung des christlichen Glaubens und der Einführung von festen, autoritären Strukturen wollte man die unterschiedlichen Völker – Slawen, Thüringer, Nachfahren der Hermuduren und Alamannen –, welche an den Ufern des Mains siedelten der fränkischen Regierung unterordnen. Die Karolingerbrüder Pippin und Karlmann unterstützen daher auch den Missionsauftrag des Wanderbischofs Bonifatius sowohl bei der Gründung des Bistums Würzburg im Jahr 742 als auch bei der Stiftung der Benediktinerabtei in Fulda 744.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt darf man davon ausgehen, dass der Königshof in Hallstadt eine eigene Palastkirche besaß. Allerdings war diese noch nicht dem hl. Kilian geweiht. Diese Umwidmung geschah erst nach dessen Heiligsprechung 752 (Erhebung der Gebeine) und hing wohl mit einer Reform der Würzburger Bischöfe im 9./10. Jahrhundert zusammen, die mit der Umwidmung der Urkirchen nach dem neuen Heiligen und Patron, wie z.B. in Pfarrweisach, Staffelstein und Scheßlitz, an die lange Tradition des Christentums in hiesiger Gegend erinnern wollten.
Am 21. Juni 1013 wird die Pfarrei St. Kilian erstmals genannt, als sie im Tausch vom Bistum Würzburg in den Besitz des Hochstifts Bambergs überging. Die jüngsten archäologischen Ausgrabungen um den Kirchenbezirk beweisen jedoch, dass schon unter den Merowingern – Mitte des 8. Jahrhunderts –hier die Gläubigen christlich bestattet wurden. Dass auch die Taufen und Hochzeiten der königlichen Lehnsleute hier stattgefunden haben, gilt als selbstverständlich.
Weit in das Maintal hinein sichtbar ist der Turm mit dem spätgotischen Knickhelm und der Vierseitenuhr. Seine Höhe mit vier Geschossen war bereits im Mittelalter wichtig, als die Filialkirchen in Breitengüßbach, Memmelsdorf und Merkendorf (Auspfarrung 1392) und Kemmern (1710) noch zum Pfarrsprengel gehörten. Letztere betraten sogar durch eine eigene Pforte den Kirchenraum, die so genannte Kemmerner Tür, welche in der Barockzeit zugemauert wurde, nachdem dort eine eigene Pfarrei St. Peter und Paul gestiftet worden war. Schmauchspuren am zweiten Obergeschoss des Turms zeugen von einer Beschädigung während des Bauernkriegs 1525, als Hallstadt bis auf die Grundmauern zerstört wurde. Da die politische Gemeinde nachweislich seit dem 16. Jahrhundert für den Unterhalt des Turmes zuständig ist, darf man davon ausgehen, dass dort in der Folgezeit eine Wachfunktion zum Schutz des Ortes ausgeübt wurde.
Der Ort Dörfleins, einst mit einem Abtshof des Benediktinerklosters auf dem Michelsberg bestückt, kam offiziell erst 1808 zur Pfarrei St. Kilian. Die seit dem 9. Jahrhundert nachweisbare Zugehörigkeit zur Pfarrei St. Oswald Baunach war gerade im Winter eine Zumutung für Täuflinge und Totenzüge: Über den Rücken des Sembergs entlang laufend musste man an der Mündung des Flusses Baunach über das Wasser überzusetzen, um Taufe, Hochzeit und Totenmesse dort in der Kirche feiern zu dürfen. Man zahlte aber lieber ab dem 17. Jahrhundert die doppelte Stolgebühr (Aufwandsentschädigung für den Priester) und begab sich hierfür in die nahe St. Kilianskirche. Denn dort hinüber, über den Main, führte bereits seit 1395 eine hölzerne Brücke.
Dominierend und ortsbildprägend ist in der Außenansicht auch das hohe Kirchendach, welches zudem als Kornspeicher für Notzeiten dienen konnte. Die Gewölbehalle selbst entstand wohl in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, da eine Freitagsmesse auf dem sich unter dem Chorbogen befindlichen Kreuzaltar bereits 1402, die Mittelmesse auf dem nördlichen Marienaltar bereits 1417 gestiftet wurde.
Das jetzige Gebäude ist eine dreischiffige gotische Hallenkirche, an deren vier alte – aus dem frühen 15. Jahrhundert stammenden – Joche im Jahr 1932 zwei zusätzliche Achsen nach Westen hin angefügt wurden (1 Joch = mittelalterliche Baueinheit). Die Erweiterung geschah nach dem Entwurf und unter der Leitung von Fritz Fuchsenberger, der den altertümlichen Charakter eines früheren Westwerks in den Neubau mitaufgenommen hatte. Bedauerlich ist, dass es sich bei der abgerissenen und weiter westlich wieder aufgerichteten Fassade mit Empore – dem „Pohrwerk“ – wohl um Teile der ursprünglichen Pfalzkapelle gehandelt hatte, wie Spolien, die man damals im Fundament gefunden hatte, verraten. Diese Elemente, wie z.B. ein Fischgrätenmotiv, gehörten zur frühmittelalterlichen Zierde. Über dem Westportal ist das Wappen des Bamberger Erzbischofs Jacobus von Hauck (1912-1943) angebracht, auf dessen Veranlassung die Kirchenvergrößerung geschah.
Der Chor im Osten setzt sich aus einem Joch mit 5/8-Schluss zusammen. Das Kreuzrippengewölbe lässt auf eine Entstehung in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts schließen, vielleicht auf eine Bautätigkeit unter dem Oberpfarrer Johann Nassach (1390-1419), er sich auch in anderen Belangen des Ortes verdient gemacht hatte.
Ein Kleinod stellt die Sakristei als südlicher Anbau an den Chor an. Sie wurde laut Stifterwappen auf Veranlassung von Pfarrer Dr. Peter Knorr (1450-1478) errichtet. Der Bauherr war damals auch Pfarrer von St. Gumbertus in Ansbach, wo gleichzeitig mit dem Bau der berühmten „Schwanenritterkapelle“ begonnen wurde. Das prächtige über zwei Joche gespannte Netzrippengewölbe findet hier in Hallstadt sein Pendant in Miniatur. Ein ursprünglich darauf gesetzte Obergeschoss diente als Bibliothek und Schatzkammer, wurde jedoch 1877 entfernt und erst wieder 1913 aufgestockt, um zusätzlichen Raum zu erhalten.
So schlicht die Kirche von außen gestaltet ist, desto mehr überrascht der Schmuck im Innenraum.
Die Ehrfurcht vor dem gewachsenen Erbe der früheren Stifter ließ die Ausstattung der Barockzeit jeglichem Sturm des Klassizismus und der Neugotik überdauern.
Der prachtvolle Hochaltar und die ebenfalls schmuckvollen Seitenaltären wurden zwischen 1733 und 1739 von der Werkstatt Gollwitzer auf Betreiben der Stifterfamilien Körber und Stapf ausgeführt. Dem verdienten Hallstadter Vogt Johann Peter Stapf wurde nach seinem Tod mit den Altarfiguren – dem hl. Peter und hl. Johann Nepomuk – ein Denkmal gesetzt. Sie flankieren mit ihren Pendants, dem hl. Paul und hl. Aloisius das kunstvoll gestaltete Gemälde „Martyrium des hl. Kilian und seiner Gefährten Kolonat und Totnan“ vom Bamberger Hofmaler Johann Joseph Scheubel d. Ä. Geschmackvoll wurden in der Zeit des Historismus die Gemälde an den Seitenaltären durch Werke des aus Hallstadt stammenden akademischen Kunstmalers und Münchner Professors Kaspar Schleibner (1863-1931) ersetzt: „die Rosenkranzkönigin“ im Jahr 1895 (links), „das Pfingstwunder“ nach niederländischem Vorbild, 1886 (rechts).
Ein mittelalterlicher Taufstein (14./15. Jh.) erinnert an die lange Tradition als Pfarrkirche. Das älteste Kunstwerk ist wohl eine Pietà-Darstellung aus dem frühen 15. Jahrhundert. In barocker Lebensfreude befinden sich in den Wandnischen noch weitere Skulpturen aufgestellt, welche heute noch bei Prozessionen mitgetragen werden: der hl. Kilian, der hl. Michael, der hl. Wendelin, oder der hl. Urban – erinnern an die lange Tradition der hiesigen Bruderschaften, Steinbruch- und Weidetätigkeit, sowie an den einst blühenden Weinbau am Kreuzberg.
Kunsthistorisch wertvoll ist eine Madonnenstatue mit Kind von dem Münchner Bildhauer und Professor Thomas Buscher (1860-1937). Sie sollte im Frühjahr 1914 eine unansehnlich gewordene Pietà ersetzen. Mit Beginn des Ersten Weltkrieges im Sommer wuchs jedoch der Wunsch, daraus ein Kriegerdenkmal für all die gefallenen und vermissten Väter, Brüder und Söhne zu schaffen, und wurde somit mit zwei Engelchen und einem Relief des hl. Sebastians ergänzt. Bis zur Kirchenerweiterung in den 1930er-Jahren zierte dieses Denkmal die Nische an der nördlichen Seitenwand. Die neobarocke Muttergottes-mit-Kind-Gruppe spendet weiterhin jedem Trauernden Mut und Zuversicht.
Adelheid Waschka